Mein Sieg gegen Vlastimil Hort beim Simultan des FSK Lohfelden 1

Mein Sieg gegen Vlastimil Hort beim Simultan des FSK Lohfelden

Durch das Engagement der Schachsparte des FSK Lohfelden ergab sich am 7. Oktober 2012 die Gelegenheit, an einem Simultanturnier an 24 Brettern mit Vlastimil Hort teilzunehmen. Hort ist sicherlich einer der bekanntesten deutschen Schachspieler. Noch unter seiner Heimatflagge (Tschechoslowakei) gehörte er in den 70er und 80er Jahren zur Weltspitze. Nachdem er lange für die SG Porz in der Bundesliga gespielt hatte, nahm er schließlich die deutsche Staatsbürgerschaft an und spielte mehrfach für die deutsche Nationalmannschaft. Zudem moderierte er zusammen mit Helmut Pfleger die vom WDR produzierten Schachsendungen, die durch den Ruhestand des zuständigen Redakteurs dann leider ausliefen. Hort konnte sich hier eine unvergleichliche Stellung als Schachentertainer erarbeiten, der mit seinen böhmakelnd vorgetragenen Geschichten und Kommentaren feinen Humor bewies. Auch in Lohfelden überbrückte er eine Wartezeit zu Beginn mit seinen Anekdoten. Hort hat fraglos die Fähigkeit, auch skurrile Begegnungen so zu erzählen, daß sich niemand angegriffen fühlen muß.

Da leider nur ein Termin gefunden werden konnte, der an einem nordhessischen Mannschaftsspieltag lag, war die Gegnerschaft im großen und ganzen recht schwach. Das hat Auswirkungen auf den einzelnen, weil die Rundenzeiten des Simultanspielers wesentlich davon abhängen, ob er Probleme lösen muß und wie viele Bretter es insgesamt sind. Hort gestattete es, bei Verlusten in den ersten zwei Stunden neu zu beginnen und auch beim Ziehen auszusetzen. Eigentlich ist es üblich, daß Zugpflicht besteht, wenn der Simultanspieler an das Brett herantritt. Ich beschloß für mich selbst, mich an die übliche Gepflogenheit freiwillig zu halten, weil ich für den Fall, daß ich einer der letzten Spieler sein sollte, keine Fairnessdiskussion auslösen wollte. Die fehlende freie Verfügbarkeit über die Zeit verringert das Handicap des Simultanspielers doch etwas, denn als ich eine Stellung mit Opfermöglichkeiten auf dem Brett hatte, habe ich die notwendige Zeit zum Rechnen schmerzlich vermisst. Aber sehen sie selbst, wie es mir erging:

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15.Nc4 Ba6 Ich glaube, daß Hort diesen Zug übersehen hatte. Die weiße Stellung wirkt jetzt etwas unharmonisch, da die Dame eigentlich auf ein weißes Feld gehört, dort aber in der Fesselung verbleibt. Zudem ist der Königsflügel verwaist, während Schwarz seine Figuren in Angriffsstellung hat. 16.h3 Hort geht auf Nummer sicher. Nach Damenzügen kann man schon über Opfer auf h2 nachdenken, auch wenn diese nicht unmittelbar tödlich sind. 16.Qd2 Bxh2+ 17.Kxh2 Ng4+ 18.Kg3 Qg5 19.f4 Qg6 20.Rh1 Bxc4 21.bxc4 Nxe3+ 22.Kh2 Nxc4 16.Qe1 Bxh2+ 17.Kxh2 Ng4+ 18.Kg1 Qh4 19.a4 Qh2+ 20.Kf1 h5 21.g3 Qh1+ 22.Ke2 Qf3+ 23.Kd2 Nxf2 16...Qe7 17.a4 17.d5 hätte hier wohl das Gleichgewicht bewahrt. Aber Hort will alle Komplikationen vermeiden und kommt jetzt in eine passive Stellung, in der Schwarz praktisch risikolos angreifen kann. Bxc4 18.Qxc4 Qe5 19.dxc6 19.g3 cxd5 20.Qe2 19...Qh2+ 20.Kf1 Be5 21.Rab1 Qh1+ 22.Ke2 Qxg2 23.Nd5 Nxd5 24.Rxd5 Bxb2 25.Rxb2 Qxh3 26.c7 Rac8= 17...Bc7 18.Nb1 Der Springer soll zur Verteidigung des Königsflügels umgruppiert werden. Aber jetzt kann Schwarz das Feld d5 wie einen Rangierbahnhof benutzen, um seine Figuren in Angriffsposition zu bringen. Rad8 19.Nbd2 Rd5 20.Nf1 Rg5 Im folgenden ergeben sich laufend Opfermotive auf g2 oder h3. Allerdings war einfach keine Zeit, etwas richtig durchzurechnen, da viele Spieler sehr schwach waren und Hort kaum jemals in die Stellungen sah - außer bei mir! 21.Kh1 Qe6 22.Nh2 Nd5 23.Qe1 Qh6 Hier hätte ich beinahe mit 23...Nb4?? die Partie eingestellt. 24.Qg1 Hier wurde eine 20-Minuten-Pause eingelegt. Bc8 Der Partiezug war meine erste Idee. Ob 24...Re6 besser ist, konnte ich trotz der Pause nicht mehr ermitteln. 25.Qf1 Re6 26.Ne5 Rf6 Schwarz hat beide Türme gegen den weißen Königsflügel zum Angriff führen können, während ihre weißen Pendants nichts rechtes zu tun haben. 27.Qe2 27.Nhg4?? geht selbstverständlich nicht. Bxg4 28.Nxg4 Rxg4 27...Qh4 28.Rd2 Rh6 28...Bxe5 29.dxe5 Rfg6 30.g3 Qxh3 29.Qf1 f6 30.Nef3 Daran hatte ich nicht gedacht. 30.f4 Rg3 30...exf3 31.Nxf3 Qh5 32.Ng1? Hort hatte wohl vergessen, daß er schon eine Figur ins Geschäft gesteckt hatte und sah nur die furchterregenden schwarzen Drohungen, als er ans Brett trat. 32.Nxg5 fxg5 So war mein Plan. Weiß steht auch danach auf Verlust, aber er könnte zumindest noch kämpfen und warten, ob ich mich verrechne. Allerdings sind die weißen Überlebenschancen nach g4 auch sehr schlecht. Hort sagte bei der Aufgabe auch, daß er ebenso verloren hätte, wenn er zurückgeschlagen hätte. Es bleibt aber ein Restzweifel, der sich nach dem Materialverlust hingegen sofort verflüchtigt. 33.Qd1 Qh4 34.Qf3 g4 35.Qe4 Qh5 36.f3 gxh3 37.g4 Qf7 38.Kg1 32...Rhg6 33.Rc1 Rxg2 Erst jetzt fiel ihm auf, daß eine Figur fehlt. Er ließ sich von mir das Partieformular geben und merkte, was er angerichtet hat. 34.Qxg2 Rxg2 35.Kxg2 Bxh3+ Am einfachsten. Schwarz verschaft sich einen Freibauern auf der h-Linie und kann mit dem Verbund D/S ständig Drohungen gegen den offenen weißen König aufstellen. Das Turmpaar hingegen ist zu schwerfällig, um gegen den von eigenen Bauern umgebenen König Mattgefahren zu kreieren. 36.Nxh3 Qg4+ 37.Kf1 Qxh3+ 38.Ke2 Qg4+ 39.Kd3 Nb4+ 40.Kc4 Bd6 41.Ba3 Qe6+ 42.Kc3 Nd5+ 43.Kb2 h5 44.Bxd6 Qxd6 45.Rh1 g6 46.Rh4 f5 47.e4 fxe4 48.Rxe4 Qf6 49.Rde2 Kf7 50.Re5 h4 51.Ka3 h3 52.f3 Qf4 53.Re1 Qxd4 54.f4 Qb4+ 55.Ka2 Nc3+ 56.Kb2 Nxa4+ Eigentlich dachte ich, es gibt Matt. Allerdings liefen hier außer meiner nur noch 4 Partien und es ging mittlerweile sehr schnell. 57.Ka2 Nc3+ 58.Kb2 Nd5 59.f5 h2 60.fxg6+ Kg7 61.Re6 Qd4+ 62.Ka3 Qg1 63.Kb2 h1Q 64.Rxg1 Qxg1 0–1
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Hort,V2463Braun,I19720–12012D45FSK Simul
Der Sieg ist zum Greifen nahe.

So ein Sieg ließ bei mir die Frage aufkommen, wie gut eigentlich die Chancen eines Spielers mit einer Wertung um 2000 sind, einen Großmeister im Simultan zu besiegen. Leider werden so gut wie nie komplette Ergebnislisten veröffentlicht, aus denen man eine repräsentative Berechnung vornehmen könnte. Und da aus Simultanvorstellungen fast ausschließlich die Heldentaten veröffentlicht werden, ist die Auswertung von Datenbanken ohnehin nicht möglich. 2010 bestritt Hort eine Simultanvorstellung an 30 Brettern gegen Ford Schachfreunde Köln, wo Oberligaspieler mit Wertungen > 2200 teinahmen und blieb ungeschlagen. Soweit ich das überblicke, war Hort trotz des Handicaps hoher Favorit gegen mich. Andererseits stellte er an meinem Nebenbrett einfach eine Figur ein; der Gegner war aber zu schwach, um die Partie durchzubringen und ließ sich sang- und klanglos mattsetzen. Letztlich hat also jeder, der mit einer Mehrfigur gewinnen kann, eine Minimalchance. In Lohfelden gab der Großmeister noch drei Unentschieden ab.

Geschafft! Der Großmeister gibt auf.

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Insgesamt muß der Schachsparte des FSK Lohfelden großes Lob für die Organisation dieser Veranstaltung zollen, zumal sie sogar startgeldfrei war. Die Vorstellung war möglich geworden, weil Hort am Tag zuvor an der Eröffnung des Schachmuseums des ortsansässigen Künstlers Bernd Besser teilgenommen hatte. Einige seiner Arbeiten sind auf den Bildern im Hintergrund zu sehen. Ein weiterer Bericht von Günter Preuß findet sich auf der Homepage des SK Vellmar 1950. Günter hat auch 84 Bilder geschossen, die dort in einer Galerie zu sehen sind. Nr. 82–84 sind Bilder von Horts Aufgabe. Die beiden Fotos hier stellte dankenswerterweise Kalle Kuhn vom Ausrichter zur Verfügung.

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Vielen Dank!

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