8. Vellmarer Schachtage 2016
Die Vellmarer Schachtage haben sich mittlerweile gut im sommerlichen Turnierkalender etabliert. Diesmal mußte man sogar bei ca. 270 Teilnehmern die Voranmeldung schließen, da man auf die großzügige Einrichtung, in der jedes Brett einen eigenen Tisch hat, nicht verzichten mochte. Durch die kurzfristige Absage einer Gruppe osteuropäischer Spieler war allerdings die Spitze für so ein Turnier merkwürdig dünn besetzt. Mit dem hierzulande wohlbekannten Großmeister Viesturs Meijers aus Lettland gewann dann auch der einzige anwesende Profispieler. Immerhin bot das auch Spielern der zweiten Reihe die Chance, bei entsprechender Form weiter oben mitzuspielen. Und das nutzte ich aus! Fünf von sieben Runden bestritt ich auf der Bühne, wo die ersten acht Bretter in einer luxuriösen Bestuhlung und mit Übertragung auf Leinwände und ins Internet eine besondere Aufmerksamkeit genossen.
Anders als letztes Jahr war ich diesmal in der oberen Hälfte. Darin spiegeln sich die Erfolge wie der Ratingpreis beim Schachtürken-Cup in Paderborn und das starke Resultat in der Mannschaft. Deshalb bekam ich zunächst mit dem Polen Witold Marzec auch einen verhältnismäßig schwachen Gegner zugelost.
In der zweiten Runde kam es dann mit dem starken Markus Boos von den SF Vonkeln in Wuppertal zu einer interessanten Partie. Nachdem ich gut aus der Eröffnung herausgekommen war, entwickelte sich ein Kampf, den beide Spieler als Sieger hätten beenden können. Ich war am Ende der glücklichere.
In der dritten Runde wurde ich gegen Ardjan Langedijk von der Schaakvereniging Caïssa-Eenhoorn aus Hoorn in der niederländischen Provinz Noord-Holland gelost. Nach einem klugen Qualitätsopfer meines Gegners geriet ich ziemlich unter Druck, konnte mich aber wiederum herauswursteln und plötzlich mattsetzen. Jörg-Stephan Carl, Redakteur bei der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen (HNA), den ich noch aus meiner Jugendzeit beim ausrichtenden SK Vellmar 1950 kenne, schrieb auf der Turnierwebseite einen witzigen Text, dem man den Profi anhört:
Und auf der Bühne an der Spitze des A-Turniers gab es aus heimischer Sicht eine Top-Leistung zu bestaunen. Ingram Braun, als Jugendlicher einst Spieler des ausrichtenden SK Vellmar,
jetzt für Göttingen im Einsatz, notiert bei 3 Punkten aus drei Partien. In der dritten Runde befreite er sich von zwischenzeitlichem Druck, konterte und setzte den Niederländer Ardjan Langedijk mit Dame und Läufer matt. Eine starke Partie – und es gilt: Wenn Braun sich während des Variantenrechnens längere Zeit über den Bart streicht, läuft es gut bei ihm.
In der vierten Runde saß ich zu meinem nicht geringen Erstaunen an Brett 2. Mit Sven-Holger Heimsoth ( SV Mülheim-Nord) einigte ich mich recht schnell auf Remis. Am Bücherstand erwarb ich die Memoiren von Hans-Joachim Hecht
In der fünften Runde mußte ich dann einem stärkeren Gegner Tribut zollen. Jakob Bjerre Jensen aus Dänemark nahm mich mit einer hübschen Kombination ziemlich auseinander.
In der sechsten Runde wurde ich dann gegen meinen Vereinskameraden Martin Werner gelost. Das ist eine etwas ärgerliche, aber letztlich nicht immer vermeidbare Situation. Über sein frühes Remisangebot war ich nicht überrascht und prinzipiell auch bereit, einzuwilligen. Aber da war er schon Verpflichtungen eingegangen, die ich nicht für gut hielt. Und eine aussichtsreiche Stellung einfach so Remis geben – das wollte ich dann auch nicht. Tatsächlich gewann ich.
Die letzte Runde brachte ein Wiedersehen mit FM Jobst Rüberg (Schachverein Ahlen 1954 e.V.), dem ich in Paderborn mühsam ein Unentschieden abgeklammert hatte. Die Eröffnung versprach ein Déjà-vu, aber letztlich summierten sich zu viele Ungenauigkeiten meinerseits zu einem klar verlorenen Endspiel.
Mit einem DWZ-Plus von 36 Punkten, die mich wieder mit 1985 an den 2000 kratzen lassen, war das natürlich ein sehr gelungenes Turnier. Daß es wegen der ungünstigen Selektionen (< 2100 und < 1900) nicht für einen Ratingpreis reichte, kann ich da gut verschmerzen. Daß ich drei ausländische Gegner hatte, läßt sich vielleicht als Hinweis darauf werten, daß sich die Qualität des Turniers auch langsam im angrenzenden Ausland herumspricht.