Ein Autograph des Spielleiters Strauch von Tempo Göttingen 1961
Schon vor Jahren hatte ich einen Autographen zur Vereinsgeschichte des SC Tempo Göttingen aus dem Jahre 1952 publiziert, der bisher immer noch die älteste veröffentlichte Quelle zur Geschichte dieses Vereins darstellt. Jetzt habe ich in meiner privaten Schachbibliothek einen zweiten, nicht ganz so spektakulären Fall gefunden.
Es ist der Preis für den dritten Platz in der Göttinger Stadtmeisterschaft 1960/61 für Hans Burmann. Im Netz läßt sich ein Göttinger Mathematikstudent dieses Namens nachweisen, der 1965 promoviert wurde und später daselbst als Professor wirkte, offenbar ohne nochmal schachlich in Erscheinung zu treten. Der Abschlag stammt vom selben Stempel wie 1952, lediglich die Stempelfarbe ist verschieden. Es stammt sicherlich nicht aus demselben Konvolut wie das Buch von 1952, denn dieses hier habe ich in einem anderen Antiquariat erworben.
Bei dem Vereinsspielleiter Strauch handelt es sich um eine für das regionale Schach durchaus schicksalhafte Gestalt, wie man in der von mir digitalisierten Chronik des Bezirks Südniedersachsen von Peter Werner nachlesen kann. Zu Beginn des Jahres 1961 geriet er in seiner Funktion als Bezirksspielleiter in einen heftigen Konflikt mit dem Spielleiter des Niedersächsischen Schachverbandes, was dazu führte, daß Letzterer den Rücktritt Strauchs von allen Ämtern forderte. Das führte zu einer Spaltung des Bezirks, und einige Vereine organisierten einen alternativen Spielbetrieb in der Sollingschachvereinigung. Diese muß zu diesem Zeitpunkt schon bestanden haben, den eigentlich war für 2020 eine Veranstaltung zum 60jährigen Jubiläum geplant, die aber dann der COVID-19-Pandemie zum Opfer fiel.
Das im Ostberliner Sportverlag erschiene Büchlein selbst versammelt die Partien der Schachweltmeisterschaft 1957, die Wassili Smyslow für ein Jahr zum Weltmeister erhob, bevor er 1958 den Revanchekampf verlor. Nach einem anonymen Einleitungstext (Rund um den „Tschaikowski-Schachklub“, S. 5–9) folgen einige Beobachtungen von David Bronstein zur Eröffnungsvorbereitung, zu Taktik, zur Arbeit der Sekundanten und zu Hängepartien (Fragmente eines historischen Wettkampfes, S. 10–21). Dann folgen Partiekommentare von Lew Aronin (1), Andor Lilienthal (2), Alexander Tolusch (3), Tigran Petrosjan (4), Wladimir Alatorzew (5, 21), Mark Taimanow (6), Salo Flohr (7), Alexander Konstantinopolski (8), Wassili Panow (9), Wladimir Simagin (10), Oleg Moissejew (11), Pjotr Romanowski (12, 17), David Bronstein (13, 18), Wjatscheslaw Ragosin (14, 16), Michail Judowitsch (15), Grigori Löwenfisch (19), Ilja Kan (20). Das Kurzremis in der 22. Partie blieb unkommentiert. Übersetzt wurde von Hermann Mohaupt, der sehr viel sowjetische Schachliteratur für den Sportverlag verdeutscht hat, unter anderem auch Awerbachs Endspielreihe und die auch im Westen beliebten Eröffnungsmonographien. Heinz Machatschek hat auch einige Schachbücher übersetzt und war sonst wohl vor allem in der geschichtswissenschaftlichen Literatur unterwegs.
Bronstein, David, Lew Aronin, Andor Lilienthal, Alexander Tolusch, Tigran Petrosjan,
Wladimir Alatorzew, Mark Taimanow, Salo Flohr, Alexander Konstantinopolski,
Wassili Panow, Wladimir Simagin, Oleg Moissejew, Pjotr Romanowski,
Wjatscheslaw Ragosin, Michail Judowitsch, Grigori Löwenfisch
und Ilja Kan. Weltmeisterschaftsturnier 1957. Botwinnik–Smyslow. Aus dem
Russischen übers. von Hermann Mohaupt und Heinz Machatschek. Berlin:
Sportverlag, 1957.